ENDOMYOCARDBIOPSIE (EMB)
Die Endomyocardbiopsie (EMB) ist eine invasiv-diagnostische Prozedur, um nach einer Herztransplantation
- Abstoßungen zu diagnostizieren und somit
- die Wirksamkeit immunsuppressiver Medikamente zu kontrollieren.
Transplantierte Organe werden vom eigenen Körper nicht toleriert, als Fremdkörper erkannt und ohne entsprechende medikamentöse Therapie abgestoßen. Daher braucht jeder Patient, dem ein Organ (z.B. ein Herz) transplantiert worden war, dauerhaft Medikamente zur Immunsuppression (= Medikamente, die das Abwehrsystem selektiv unterdrücken).
Früh nach einer Herztransplantation (HTX) ist die Wahrscheinlichkeit einer Organabstoßung am größten, daher müssen in der frühen Phase nach Transplantation in sehr kurzen Abständen EMBs durchgeführt werden (anfangs z.B. 1x/Woche). Mit der zeitlichen Entfernung zur Herztransplantation nimmt die Wahrscheinlichkeit einer Abstoßung immer weiter ab, daher werden auch die Intervalle zwischen den einzelnen Biopsien länger.
Ein Jahr nach der Transplantation werden kaum noch Routinebiopsien geplant, sondern immer nur dann biopsiert, wenn der Verdacht auf Abstoßung besteht.
Durch die seriellen Endomyocardbiopsien im ersten Jahr nach HTX können auch die anfangs hoch dosierten Immunsuppressiva sukzessiv reduziert und somit unangenehme Nebenwirkungen für den Patienten deutlich gemindert werden.
Technischer Ablauf der Endomyocardbiopsie:
Im Liegen wird beim Patienten – nach lokaler Betäubung - die rechte große Halsvene punktiert (Vena jugularis interna dex., alternativ kann man auch die linke Schlüsselbeinvene punktieren – Vena subclavia sin.), ein Führungsdraht eingebracht (Seldinger-Technik), über diesen eine Schleuse in das Gefäß vorgeschoben. Über die Schleuse wird ein Bioptom eingeführt (= Biopsiezange, siehe Abb. 1.), die Biopsiezange unter Röntgen-Bildwandler-Kontrolle durch die Trikuspidalklappe in den rechten Ventrikel geführt (Abb. 1.). In der rechten Herzkammer werden dann 4-6 kleine Gewebsproben entnommen (Abb. 1., Abb. 2.). Sie werden nach dem Eingriff an den Pathologen weitergeschickt, der dann die Befundung durchführt (siehe unten).
Jede EMB sollte unter anästhesiologischer Überwachung (EKG, nicht invasive Blutdruckmessung, Messung der Sauerstoffsättigung) durchgeführt werden.
Eine Routine-Endomyocardbiosie kann in geübten Händen rasch und komplikationsarm durchgeführt werden, dauert in der Regel nicht länger als ca. 10-15 Minuten und ist für den Patienten mit wenigen Unannehmlichkeiten verbunden. Nach jeder Biopsie wird ein Lungenröntgen durchgeführt (v.a. zum Ausschluss eines Pneumothorax).
Komplikationen betreffen vor allem den Ort der Punktion (Fehlpunktionen, Blutungen, Hämatom), sehr selten sind schwere Komplikationen (Ventrikelperforation, Schädigung der Trikuspidalklappe); die meisten Komplikationen sind jedoch bei einem routinierten Chirurgen durch ruhiges, konzentriertes Intervenieren vermeidbar.
Die entnommenen Biopsate (Gewebeproben, Größe im Durchmesser: 1-2mm) werden vom Pathologen weiterverarbeitet, indem sie fixiert, gefärbt und geschnitten werden. Anschließend beurteilt er das Gewebe unter dem Mikroskop, wobei sich eine Abstoßung als Entzündungsreaktion gegen Herzmuskelgewebe präsentiert (Abb. 3.).
Schließlich ist auch eine weitere, immunhistochemische Aufarbeitung möglich, um neben der cellulären Abstoßung eventuell Zeichen der humoralen Abstoßung zu diagnostizieren.
Entsprechend der Internationalen Gesellschaft für Herz- und Lungentransplantation (International Society for Heart and Lung Transplantation, ISHLT) unterscheidet man beim Herz 4 Abstoßungsgrade:
Grad 0R: keine Abstoßung
Grad 1R: milde Abstoßung
Grad 2R: moderate Abstoßung (mässiggradig, mittelgradig)
Grad 3R: schwere Abstoßung
Es gibt seltene Gründe, warum man bei Patienten (ohne HTX) Endomyocardbiopsien durchführen muss, z.B. bei Verdacht auf Myocarditis (Herzmuskelentzündung), zur Diagnose einer Cardiomyopathie oder bei Verdacht auf sehr seltene Erkrankungen (z.B. kardiale Amyloidose, Hämochromatose, Sarkoidose, Endocardfibroelastose, etc). In den meisten Fällen kann die Diagnose dieser Erkrankungen jedoch nicht invasiv gestellt werden.
Abb. 1. Schematische Darstellung einer Endomyocardbiopsie über die obere Hohlvene: das Bioptom (Biopsiezange) ist durch die Trikuspidalklappe geführt worden und entnimmt in der Spitze des rechten Ventrikels eine Gewebeprobe (Biopsat).

Abb. 2. 4-6 Gewebeproben von verschiedenen Orten des rechen Ventrikels. Diese werden für den Transport zum Pathologen in den Plastikbehälter links gefüllt, bei Aufarbeitung am gleichen Tag kommen sie in 0,9% Kochsalzlösung, bei längerer Lagerung in 4% Formalin.

Abb. 3. Histologische Aufarbeitung einer EMB, hier z. B. eine unauffällige Herzbiopsie (Grad
0R nach ISHLT).